In unseren Augen sieht es in einer japanischen Brennerei eher aus wie in einem Labor. Der Master Distiller trägt einen weißen Kittel und überall stehen Reagenzgefäse. Irgendwie verbindet man diesen Anblick nicht mit Whisky. Die Schotten sagen sogar ganz frech: Die Japaner machen Whisky mit dem Zollstock und nicht mit der Seele. Wenn man dann mal einen Blick in die Labore der Destillerien wirft, scheinen sie auf den ersten Blick sogar recht zu haben.
Aber woher überhaupt den Whisky zum Blenden nehmen?
Da es aber generell in Japan keinen Überschuss an gereiftem Whisky gibt, wird Whisky meist aus Schottland oder Kanada hinzugekauft. Das war in den letzten Jahren bei vielen Brennereien Gang und Gebe, da es keine genauen Regelungen für japanischen Whisky gab. Jeder Whisky der in Japan abgefüllt wurde, durfte sich „Japanese“ nennen, egal woher das Destillat dafür kam.
Seit April 2021 hat sich dies jedoch geändert. Die „Japan Spirits & Liqueurs Makers Association“ hat die Regularien verschärft. Der komplette Produktionsprozess muss in Japan stattfinden, damit sich der Whisky auch „Japanese“ nennen darf. Den genauen Bericht über alle Regularien findet ihr hier.
Auf einen Schlag hatten viele Brennereien echte Probleme. Fertige Chargen dürfen zwar noch abverkauft werden, aber neue produzierter Whisky unterliegt den aktuellen Regularien. Also was tun? Es war noch nicht genug eigener Whisky fertig und viele können nicht auf den Zukauf aus dem Ausland verzichten. Und ohne Geldeingang, kann natürlich auch kein neuer Whisky produziert werden. Ein Teufelskreis…
Aus „Japanese“ wird „World Whisky“
Die kleine Nagahama Distillery stand genau vor diesem Problem. Sie haben sich entschlossen, auch weiterhin Whisky aus dem Ausland zu beziehen damit überhaupt ein wenig Geld in die Kasse fließt. Aber ganz Regelkonform nennt sich der Whisky nicht „Japanese“ sondern schlicht und ergreifend „World Whisky“. Clevere Idee! Seither hat sich die Brennerei mit ihren ersten Abfüllungen aus importierten Fässern einen Namen gemacht, der die Blending-Arbeit und den zukünftigen Charakter der Nagahama-Whiskys offenbart: die World Malt Amahagan-Reihe. Seit 2020 hat sie mehrere kleine Chargen von Whiskys herausgebracht, die zum Teil in der Brennerei destilliert wurden, aber auch aus verschiedenen Nationen der Welt stammen.
Die 2016 gegründete Nagahama Distillery ist derzeit die kleinste Brennerei Japans und wird von der Firma „Roman Beer“ betrieben, die seit 1996 auf Bierbrauen spezialisiert ist. Sie befindet sich in Zentraljapan am Ufer des Biwa-Sees in der Stadt Nagahama (Präfektur Shiga) und begann im November 2016 mit der Destillation von Malz in zwei atypisch geformten Brennblasen, die an die arabische Architektur erinnern und daher den Spitznamen „Aranbic“ tragen.
Das Fassungsvermögen des ersten Brennblase beträgt 1.000 Liter. Der Zweite ist noch kleiner und hat nur ein Fassungsvermögen 500 Litern – die kleinsten Brennblasen in Japan. Die Beheizung erfolgt indirekt durch Dampf. Die kleine und zierliche Destillierform erzeugt den reichen Geschmack, der die Nagahama Distillery charakterisiert.
Fassreifung zur Perfektion
Am Anschluss reifen die Whiskys langsam im Keller der Destillerie in Nagahama, wo das stark ausgeprägte Klima zwischen Winter und Sommer die Reifung begünstigt. Jeder der Blended Malt Whiskys erhält dabei ein anderes Finish.
Dies nahm mit Edition No. 1 ihren Anfang, einem im Bourbon Cask gefinishten Whisky mit Noten von Orange, Apfel, Vanille sowie der für Nagahama typischen malzigen Süße. In Rotweinfässern veredelt, bietet Edition No. 2 ein intensiv süßes Erlebnis mit dunkelfruchtigen Noten und seidigen Tanninen.
Edition No. 3 wird ein Finish in raren Fässern aus japanischer Mizunara-Eiche gegönnt. In ihnen verbindet sich malzige Süße mit warmen Holztönen, Bitterschokolade und Zitrusfrüchten. Edition No. 4 bleibt ebenfalls in heimischen Gefilden: Der Blended Malt wird in Fässern aus japanischer Kirsche (Yamazakura) gefinisht. Mit Kirschblüten, Pflaume und einer eleganten Süße ist er ein leichter Genuss.
Die neueste Amahagan Edition No.5 wurde im weltweit vielleicht beliebtesten Fasstyp veredelt: dem Sherry Cask. Damit erweitern üppige Aromen von Erdbeermarmelade und braunem Zucker, Leder und Ahornsirup die vielfältige Range.
Amahagan Edition N°1 Bourbon Cask Finish
Verkostungsnotiz:
Farbe: Blassgoldgelb
Aroma: Süße Orange, dunkle Schokolade, Vanille und Nüsse.
Gaumen: Reiche Fruchtaromen wie Orange und Apfel, dazu frische Vanille und ein wenig Eiche.
Nachklang: Mittlerer, fruchtiger Abgang.
Amahagan Edition N°2 Red Wine Cask Finish
Verkostungsnotiz:
Farbe: dunkles Bernsteingelb
Aroma: Reich und brillant. Perfekte Harmonie von Malzsüße und reifen Früchten, Rosinen und roten Beeren.
Gaumen: Brauner Zucker, Rosinen und dunkle Schokolade, eingebettet in wärmende Gewürze.
Nachklang: Mittel. Gewürze wie Zimt und Pfeffer.
Amahagan Edition N°3 Mizunara Wood Finish
Verkostungsnotiz:
Farbe: Dunkelgoldgelb
Aroma: Süß und komplex, Orange, rote Äpfel, duftende Holzaromen. Karamell und süße Eiche.
Gaumen: Brauner Zucker, gebackener Orangenkuchen. Danach breitet sich allmählich eine Bitterkeit wie dunkle Schokolade im Mund aus.
Nachklang: Lang mit frischen Zitrusfrüchte und würziger Eiche.
Amahagan Edition N°5 Sherry Cask Finish
Verkostungsnotiz:
Farbe: rötliches Bernsteingelb
Aroma: Eindrucksvolle Aromen von reifen Früchten und frischen Bratäpfeln, braunem Zucker, getrockneten Zitrusfrüchten und frischem Leder.
Gaumen: Weicher Geschmack mit Erdbeerkonfitüre, Ahornsirup und Rosinen.
Nachklang: Ein lang anhaltender Abgang, der von der Fruchtigkeitt und der sanften Art der Fassreifung zeugt.
Amahagan Edition N°4 Yamazakura Cask Finish
Verkostungsnotiz:
Farbe: rötliches Bernsteingelb
Aroma: Süß und sanft, Malzsüße, Kirschblüten- und Pflaumenaroma.
Gaumen: Brauner Zucker, Orangenschalen. Danach breitet sich die herrliche und elegante Süße im Mund aus.
Nachklang: Lang. Erfrischender und angenehm herber Abgang wie Tee.