Wie viele Brennereien gibt es in Schottland und wie schaffe ich es, alle zu besichtigen oder zumindest zu verkosten?
Das ist wohl eine Frage die sich viele stellen und es gibt nur wenige, mir bekannte Menschen, die tatsächlich alle Brennereien gesehen haben. Das Problem liegt zum Einen daran, dass immer mehr neue Brennereien entstehen oder Alte wiedereröffnet werden. Zum Anderen, auch wenn geografisch gesehen die Brennereien nur durch 100m Luftlinie getrennt sind, der tatsächliche Weg in Schottland ein deutlich längerer sein kann.
Recht einfach ist es in der kleinen Region wie der Speyside. Auf einer Fläche so groß wie Dresden, mit allen Eingemeindung, gibt es sage und schreibe 50 Brennereien. In Dresden direkt gibt es aktuell…nicht Eine! In den umliegenden Ortschaften sieht es schon besser aus, aber immer noch weit entfernt von der Brennereienanzahl in der Speyside.
Insgesamt gibt es in Schottland über 120 Destillerien. Da ist es klar, dass man viele nur vom Hörensagen kennt geschweige denn jemals einen Tropfen probiert zu haben. Wie wäre es zum Beispiel mit Dailuaine, Allt-a-Bhainne oder Glen Keith? Alle drei haben eine Produktionskapazität von 5-6 Millionen Litern Alkohol pro Jahr. Weitaus bekanntere Marken wie Glenfarclas oder Dalwhinnie schaffen es auf nicht einmal 2 Millionen. Woran liegt es also, dass diese Brennereien nicht die Bekanntheit haben obwohl so viel Whisky produziert wird?
Wir stellen euch drei recht unbekannte Destillerien genauer vor und betreiben Ursachenforschung.
Strathisla
Wir bleiben erst einmal in der Speyside und möchten euch eine der, mit Abstand, schönsten Brennereien vorstellen. Im Örtchen Keith befindet sich Strathisla. Eine Destillerie wie aus dem Bilderbuch, die jedes Jahr Millionen von Touristen nur aufgrund Ihrer Optik anzieht. Aber auch das Innenleben ist absolut nicht zu unterschätzen. Mit vier Brennblasen produziert Strathisla ca. 2.500.000 Liter pro Jahr. Der Großteil davon wird als „Geschmacksträger“ für Chivas Regal verwendet. Bis vor 1-2 Jahren gab es einen 12-jährigen als Single Malt welcher durch eine tolle Fruchtigkeit und Sanftheit immer beliebter wurde. Leider hat der französischer Spirituosenkonzern Pernod Ricard, Besitzer der Brennerei, den Fokus der Produktion auf Chivas Regal gesetzt, sodass aktuell keine Whisky für den Single Malt „übrig“ ist.
Das macht es einer Brennerei natürlich schwerer, bei der Vielzahl an Auswahl in den Köpfen der Whiskykonsumenten hängen zu bleiben. Abhilfe schaffen da unsere unabhängigen Abfüller. Immer wieder gibt es tolle Tropfen z.B. von Gordon & Macphail oder Signatory Vintage. Oftmals hat man sogar das Glück Einzelfassabfüllungen oder sehr alte Jahrgänge zu bekommen. Aktuell haben wir eine schöne 12-jährige Sherryfassnachreifung und sogar einen Whisky aus dem Jahr 1949 im Shop. Aber um die Brennerei kennenzulernen tut es sicherlich erst mal der 12er 😉
Glen Keith
Nicht weit entfernt von Strathisla, eigentlich nur einen kurzen Spaziergang über das Flüsschen „Isla“, befindet sich Glen Keith. Auch dieser Whisky wird hauptsächlich für die Blends von Pernod Ricard produziert, finden aber bei denen, welche die Brennerei geschmacklich entdecken, großen Anklang. Man lässt die Whiskys für sich sprechen und bleibt authentisch.
Bei Glen Keith verzichtet man auf große Marketingkampagnen und den Preishype manch anderer Kollegen. Daher ist die Brennerei noch immer ein Geheimtipp und auch alte Tropfen sind zu sehr fairen Preisen zu erhalten. Neben einigen Originalabfüllungen gibt es auch hier wieder Unterstützung durch unabhängige Abfüllungen. Von Signatory Vintage gibt es derzeit eine Einzelfassabfüllung in Fassstärke, gereift in Sherry- und Marsalaweinfässern. Limitiert auf 374 Flaschen, bringt dieser Whisky intensive Fruchtnoten von Pfirsichen und Südfrüchten gepaart mit würzigen Eichennoten ins Glas! Ein außergewöhnlicher Tropfen der definitiv Lust auf mehr von Glen Keith macht!!!
Glenglassaugh
Zum Schluss wollen wir euch noch einen Geheimtipp aus den Highlands vorstellen. Glenglassaugh ist eine Brennerei mit vielen Gesichtern. Als Küstenwhisky bringt er ein schönes maritimes Aroma mit, es gibt aber auch Abfüllungen, die den Fokus auf Weinfassreifungen oder sogar Torf gelegt haben. Die Brennerei war von 1986 bis 2008 geschlossen, daher ist kein Vorrat an alten Abfüllungen vorhanden. Die meisten Whiskys von Glenglassaugh sind deshalb nur 3 bis 6 Jahre alt. Das tut dem Geschmack aber keinen Abbruch. Mit sehr gutem Fassmanagement und Know How der Mitarbeiter, sind auch die noch jungen Abfüllungen sehr ausgewogen, bringen aber eine gewisse Würze mit. Der „Glenglassaugh Revival“ bietet sich als Einstieg sehr gut an um die Brennerei und den Charakter der Whiskys kennenzulernen. Allen Rauchfans legen wir den „Torfa“ ans Herz. Mit einem kräftigen Raucharoma, maritimen Noten und leichter Süße ist er ein sehr ausgeglichener, würziger Whisky!
Auch wenn man es vielleicht im Leben nicht schafft, alle Brennereien in Schottland zu besichtigen, kann man ja versuchen alle zu verkosten.
Wir drücken euch die Daumen dabei und haben euch hoffentlich ein wenig Appetit gemacht!